KaderNews

Wer sind wir…

und wenn ja, wie viele? Ein Ausblick auf die Saison 24/25

Der Club macht wieder Spaß. “Endlich”, sagen die Einen. “Darf er das?”, fragen sich die Anderen, denen über weite Strecken der Hinrunde jegliche Basis für die langjährig liebgewonnene Kritik genommen wurde. Zwar ist längst noch nicht alles Gold, was glänzt, und der Motor stotterte zuletzt etwas, aber eine Mannschaft, die selbst das Spiel machen will und das auch noch in Tore umwandeln kann, gab es im heimischen Achteck schon länger nicht mehr zu bewundern.

Verbunden ist diese Trendumkehr mit mehreren Namen, allen voran Trainer Cristian Fiél, der schon zu Dresdner Zeiten eine klare Vorstellung davon hatte, wie seine Teams aufzutreten haben, auch in der U23 für gefälligen, erfolgreichen Fußball stand – und derzeit mit einem Punkteschnitt von 1,5 Punkten/Spiel der beste Club-Trainer seit Rene Weiler ist.

Auf dem Platz stehen vor allem die drei Youngster Nathaniel Brown, Can Uzun und Jens Castrop im Fokus.

Ersterer legte im Jahr 2023 einen kometenhaften Aufstieg hin. Nachdem er sich bis Mitte der Rückrunde als Linksverteidiger #5 (hinter Tim Handwerker, Erik Wekesser, Fabian Nürnberger und Jan Gyamerah) gedulden musste und davon profitierte, dass Neuzugang Jannes Horn in der Innenverteidigung aushelfen musste, entwickelte sich der spielstarke und wieselflinke Nathaniel Brown zur unumstrittenen Stammkraft, zum U21-Nationalspieler und zum ersten Winter-Neuzugang von Eintracht Frankfurt, der nur noch leihweise bis Sommer in Nürnberg tätig sein wird.

Den Namen Can Uzun hörte man in den letzten drei Jahren rund um den Valznerweiher immer wieder als Versprechen an die Zukunft, nachdem er in diversen Jugendklassen alles kurz und klein geschossen hatte. Als der Club am Ende der letzten Rückrunde immer noch im Abstiegskampf steckte, mehrten sich im Umfeld des Vereins die Stimmen, dass man ihm in der ersten Mannschaft seine Chance geben solle – was in den letzten drei Spielen passierte, in denen er gleich zu verstehen gab, dass dieser Schritt von Dauer sein sollte. Wobei sich “Dauer” im vorliegenden Fall auf die Saison 23/24 beschränken dürfte, da Uzun in der Regel mehr Scouts nationaler und internationaler Großvereine ins Stadion bewegt als Rasenball Leipzig Auswärtsfans hat.

Der Dritte im Bunde ist Jens Castrop, der in der Vorsaison noch öfter auf der rechten Seite aushelfen musste, heuer aber nicht mehr aus dem zentralen Mittelfeld wegzudenken ist. Internationalen Vereinen mit gutem Scouting, wie Sturm Graz, ist er schon länger ein Begriff, nach den Leistungen in der aktuellen Saison ist aber auch hier davon auszugehen, dass er bei mehr und größeren Vereinen am Zettel stehen dürfte.

Womit wir beim eigentlichen Thema des Artikels angekommen wären: Wie kann der Club der Saison 24/25 aussehen und wie kompensieren wir die feststehenden bzw. zu erwartenden Abgänge unserer drei Jungstars? Denn an einen Verbleib eines oder mehrerer dieser Spieler können angesichts der finanziellen Rahmenbedingungen nur die kühnsten Optimisten glauben.

TOR
Ein Teil der Anhängerschaft wird sicherlich damit argumentieren, dass man diese Baustelle erst gar nicht aufmachen sollte, nachdem im Rest des Teams schon ein Umbau bevorsteht. Das Gegenargument dazu wäre, dass diese Baustelle nach der Hinrunde bereits längst geöffnet ist und lediglich auf eine Beantwortung wartet. Eine Diskussion, die auch hier schon geführt wurde.

Ist Christian Mathenia (31) gut genug mit dem Fuß, um im von Fiél geforderten Aufbauspiel
zu bestehen? Ist Carl Klaus (29), der in dieser Disziplin deutliche Vorteile hat, als Gesamtpaket stark genug, um Stammkeeper beim Club zu sein? Und sieht man einen der beiden Youngster Jan Reichert (22) und Nicolas Ortegel (20) mittelfristig als Stammkeeper?

Je nachdem, wie man diese Fragen für sich beantwortet, könnte man auch zu dem Schluss kommen, dass der Club sich nach einem neuen Stammkeeper umsehen sollte, auch wenn es dringendere Lücken im Kader zu schließen gilt.

ABWEHR
Verletzungsbedingt wechselte der Club in den letzten zwei Saisonen die Besetzung der Innenverteidigung öfter als andere ihre Unterhosen. War vor der Kreuzbandverletzung von Christopher Schindler (33) noch klar, wer der Abwehrchef beim Club ist, ist das seither nicht mehr so eindeutig zu beantworten. Zwar wurde Iván Márquez (29) für diese Rolle geholt, konnte dieser in der Schlussphase der Hinrunde aber nicht immer gerecht werden. Zugutehalten muss man dem Spanier aber, dass er selbst mehrere Monate mit einer langwierigen Schulterverletzung ausgefallen war und im Anschluss sofort wieder eingesetzt wurde.

Jannes Horn (26) wurde eigentlich als Linksverteidiger nach den Knieverletzungen von Handwerker und Wekesser geholt, sicherte sich dann aber – ebenfalls nach eigener Knieverletzung – mangels Konkurrenz die linke Innenverteidigerposition. Auf dieser weiß er mit seinem mutigen Aufbauspiel durchaus zu gefallen, zeigt im Stellungsspiel und Luftzweikampf aber auch, dass es nicht seine angestammte Position ist.

Ahmet Gürleyen (24), halb Türsteher, halb Einbauschrank, ist physisch eine beeindruckende Erscheinung und dennoch schneller als man einem Spieler mit dieser Statur zutrauen würde. Nach seinem Wechsel aus der dritten Liga konnte er relativ schnell zeigen, dass er auch in Liga zwei bestehen kann, macht sich seine an sich guten Auftritte aber leider noch des Öfteren mit teils spielentscheidenden Fehlern zunichte.

Dahinter lauert mit Finn Jeltsch (17) ein frischgebackener U17-Welt- und Europameister auf seine ersten Einsätze im Profifußball, die nur noch eine Frage der Zeit sein werden. Vertraut man den Eindrücken aus den Testspielen, sieht man ihn beim Club in der Innenverteidigung, im Nachwuchs war er aber auch im defensiven Mittelfeld zuhause.

Die Verträge des Langzeitverletzten James Lawrence (31) und Florian Hübner (32) laufen dem Vernehmen nach im Sommer aus, wobei Letzterer seinen Abgang offenbar schon bestätigt hat. Ob der verliehene Louis Breunig (20), der bei Regensburg gesetzt ist und starke Leistungen bringt, im Sommer zurückkehrt, bleibt abzuwarten. Dem Vernehmen nach verfügt der Jahn über eine Kaufoption.

Nach dem Ende seiner Leihe wird uns Nathaniel Brown (20) im Sommer verlassen, Tim Handwerker (25) steht weiterhin bereit. Spannend wird zu sehen sein, ob man einen neuen Linksverteidiger verpflichten oder ob Jannes Horn auf seine ursprüngliche Position zurückkehrt und man dafür in der Innenverteidigung nachlegt. In Punkto Größe und Kopfballstärke wäre die zweite Variante durchaus reizvoll.

Auf der Rechtsverteidigerposition sollte Jan Gyamerah (28) gesetzt sein, dahinter dürfte mit
Jannik Hofmann (21) schon das nächste interne Backup bereitstehen. Enrico Valentini (34) wird dem Club als Identifikationsfigur sicherlich erhalten bleiben, ob er das nochmals ein Jahr im Kader der ersten Mannschaft tun wird, bleibt abzuwarten. Sportlich dürfte der Capitano aber nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.

Die Abwehr dürfte der Mannschaftsteil sein, bei dem sich trotz einiger Abgänge in Bezug auf die Startelf am wenigsten ändern sollte. Ein Neuzugang mit Stammelf-Qualität würde uns wohl gut zu Gesicht stehen, ob in der Innenverteidigung oder links hinten hängt in erster Linie davon ab, wo man Jannes Horn künftig sieht. Ob Christopher Schindler noch einmal seine alte Form findet und ob eine Verlängerung mit einem bald 34-Jährigen perspektivisch Sinn ergibt, wird ebenfalls zu beantworten sein.

In Punkto Mannschaftsstruktur gilt es aber zu bedenken, dass man im Mannschaftsrat mit Valentini, Mathenia, Schindler und Hübner gleich vier Mann hat, die nächste Saison nicht mehr oder zumindest nicht in gewohnter Rolle im Kader stehen könnten.

MITTELFELD
Die größte Umstellung im Mittelfeld wird sicher die von Can Uzun zu “kan Uzun mehr” sein. Egal wie und mit wem der Club diese bevorstehende Lücke füllen wird, darf man davon ausgehen, dass niemand den 18-Jährigen spielerisch ersetzen kann. Ein Talent dieser Güteklasse sieht man beim Club höchstens alle zehn Jahre einmal, und dann dementsprechend kurz. Wobei man sich, bei richtiger Nachbesetzung, auch zwei kleine Vorteile erwarten dürfte: Einerseits hat Uzun im Spiel gegen den Ball noch seine Schwächen, ein möglicher Ersatz könnte zwar weniger Talent, aber ein (zu diesem Zeitpunkt seiner Karriere) kompletteres Profil mitbringen. Andererseits zwingt man den Rest des Teams dazu, mehr Verantwortung zu übernehmen – zu Uzun zu passen und darauf zu bauen, dass ihm schon etwas einfallen wird, wird künftig nicht mehr möglich sein.

Fast ebenso schwer ins Gewicht fallen wird ein möglicher Abgang von Jens Castrop, der mit seinen 20 Jahren schon der “Aggressive Leader” am Platz ist und zugleich die Frage beantwortet, was passiert, wenn man den Duracell-Hasen an die Starkstromleitung anschließt. Wie wertvoll er für den Club ist, sieht man immer dann am besten, wenn er einmal nicht auf dem Platz steht – die Ergebnisse mit (7S/3U/2N, 21:14 Tore) und ohne ihn (Fünf Niederlagen, 3:19 Tore + ein 0:2 im Pokal gegen Kaiserslautern) sind ziemlich erschütternd. Wobei an dieser Stelle angemerkt sei, dass wir auch keinen Spielertypen im Kader haben, der ihn auch nur ansatzweise ersetzen könnte. Was auch damit zusammenhängt, dass im letzten Sommer Lino Tempelmann, Fabian Nürnberger, Gustavo Puerta und Sadik Fofana ersatzlos abgegeben wurden.

Mit Florian Flick (23) verfügt der Club über einen unspektakulären, aber soliden defensiven
Mittelfeldspieler, den man in dieser Form jahrelang vermisst hat. Zwar konnte er nach seinem Mittelfußbruch noch nicht ganz dort ansetzen, wo er in der letzten Rückrunde aufgehört hat, aber dennoch ist er klar gesetzt. Eine echte Alternative zu ihm findet sich nicht im Kader, was es im Sommer ebenfalls zu beheben gilt. Johannes Geis (30) hat zwar unbestrittene Qualitäten am Ball, kann die Räume, die sich bei eigenem Pressing auftun, als alleiniger 6er aber nicht mehr schließen. Dem Vernehmen nach stehen die Zeichen auf Trennung, ob im Winter, im Sommer oder erst bei Vertragsende 2025, wird sich weisen. Ali Loune (21), der die Saison in Flicks Abwesenheit begonnen hatte, fehlt es noch an Erfahrung und Abgeklärtheit, auch wenn seine Leistungen im Vergleich zur restlichen Mannschaft nicht stark abgefallen sind.

Offensiv stand bisher Mats Møller Dæhli (28) als ballsichere und passstarke Option zur Verfügung, doch der Norweger kehrte im Winter nach Norwegen zum Molde FK zurück, nachdem er zuletzt nur noch wenig Einsatzzeiten bekam. Es verbleiben Taylan Duman (26), der aktuell ebenfalls nur eine untergeordnete Rolle spielt und sich in der Rückrunde beweisen muss, und Offensiv-Allrounder Lukas Schleimer (24) als Optionen für das zentrale Mittelfeld.

Winter-Leihe (und Club-Rückkehrer) Marcel Wenig (19) zog sich beim ersten Testspieleinsatz gleich einen Kreuzbandriss zu und wird die gesamte Rückrunde ausfallen. Dass seine Kaufoption gezogen wird, ist eher unwahrscheinlich. Ob er zurück nach Frankfurt geht oder ob man sich zu anderen Konditionen doch auf einen dauerhaften Wechsel einigt, wird sich zeigen.

Fix ist hingegen bereits, dass uns Caspar Jander (20) ab dem Sommer verstärken wird. Der spielstarke zentrale Mittelfeldspieler und U20-Nationalspieler verlässt den MSV Duisburg ablösefrei, um in Liga zwei den nächsten Schritt zu machen. Dem Club gelang es dabei, einige namhafte Konkurrenten aus dem In- und Ausland auszustechen.

Das Mittelfeld wird im Sommer zur Großbaustelle, sowohl was die Stammbesetzung als auch die Kaderbreite dahinter angeht. Verstärkungen sind sowohl gegen den Ball als auch im spielerischen Bereich nötig. Wie groß der Umbruch tatsächlich wird, entscheiden auch die Leistungen von Duman und Loune, die in der Rückrunde wohl vermehrt ihre Chancen bekommen werden, sowie der im Raum stehende Geis-Abgang. Marcel Wenig hingegen könnte man selbst bei einem Verbleib wohl erst zur Rückrunde 2025 wieder als Option einplanen.

ANGRIFF
Auf den Flügeln haben uns der bereits abgeschriebene Benjamin Goller (25) und Kanji Okunuki (24) mit ihrem Tempo neues Leben eingehaucht, auch wenn beide mit ihrer Chancenverwertung als Werbeträger für ein Beruhigungsschnäpschen durchgehen würden. Hinter ihnen herrscht leider gähnende Leere, was auch an der langwierigen Verletzung von Joseph Hungbo (23) liegt, der nur kurz andeuten konnte, dass er eine Alternative sein könnte.

Erik Wekesser (26), der nach seinem Kreuzbandriss wieder zurück ist, scheint in der Rückrunde für die offensiven Außenpositionen eingeplant zu sein, bisher konnte der ursprünglich als Linksverteidiger geholte Außenbahnspieler allerdings nicht überzeugen. Mit Felix Lohkemper (28) steht ein weiterer Allrounder bereit, wobei Allrounder in diesem Fall leider auch bedeutet, dass er weder auf der Außenbahn noch im Sturmzentrum so richtig zuhause ist. Seine beste Zeit hatte er als zweiter Stürmer neben Manuel Schäffler, eine taktische Variante, die wir aber wohl eher nicht mehr so schnell sehen werden.

Perspektivisch könnte Eliot Muteba (20) ein Kandidat für die erste Mannschaft sein, der in der zweiten Mannschaft zu gefallen weiß und bereits bei zwölf Saisontreffern hält.

Im Sturmzentrum stehen der ausgeliehene Daichi Hayashi (26), der in der Hinrunde wie schon bei seinen vorherigen Vereinen mit Verletzungsproblemen zu kämpfen hatte, und Nachwuchstalent Julian Kania (22) zur Verfügung. 

Zudem gab der Club vor kurzem die Verpflichtung von Sebastian Andersson (32) bekannt. Der Schwede war zuletzt vereinslos und hatte in den letzten Jahren immer wieder große Verletzungsprobleme, bringt aber das Profil eines Stoßstürmers mit, der auch einen Ball festmachen kann. Er unterschreibt einen stark leistungsbezogenen Vertrag bis Sommer 2024. Als Fan des 1.FC Nürnberg muss man darauf hoffen, dass er die Rückrunde ohne neuerliche Verletzung überstehen kann. Über die nötige Qualität uns weiterzuhelfen scheint er immer noch zu verfügen.

Den verliehenen Stürmern, Christoph Daferner (26, Fortuna Düsseldorf), Manuel Wintzheimer (25, Arminia Bielefeld) und Jermain Nischalke (20, BVB II), würde man im Sommer wohl keine Steine in die Wege legen.

Auch der Sturm ist eine Großbaustelle, der sich in der Rückrunde fast von selbst aufstellen wird und bei der im Sommer hinter fast jeder Personalie ein Fragezeichen steht. Wie viel man hier machen will und kann, hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab…

Bleibt Andersson fit? Schlägt er ein? Bekommt Kania seine Chance? Schlägt er ein? Bleibt Hayashi fit? Kann er mehr zeigen als in der Hinrunde und somit ein Ziehen der Kaufoption rechtfertigen? Bleibt Hungbo fit und kann er etwas zeigen? Bekommt Muteba seine Chance? Verlängert man mit Lohkemper? Zeigen erneut andere Vereine Interesse an Okunuki? Findet man im Sommer Abnehmer für die verliehenen Spieler?

FAZIT
Der Club wird 2024/25 ein anderes Gesicht haben, möglicherweise auch ein ganz anderes Gesicht. Wir werden über mehr Mittel verfügen als in den vergangenen Jahren, einerseits durch die zu erwartenden Transfereinnahmen, andererseits durch das Auslaufen mehrerer teurer Verträge. Natürlich wird ein Gutteil davon in die Schuldentilgung fließen, dennoch werden wir Optionen auf dem Transfermarkt haben. Allerdings gibt es auch zahlreiche Lücken zu füllen und entscheidende Fragen zu beantworten.
Ein großer Umbruch ist immer mit einem gewissen Risiko verbunden, er stellt allerdings auch die Chance dar, dem Trainer zu vertrauen und ihm die entsprechenden Spieler für sein System zur Verfügung zu stellen. Der Blick Richtung St. Pauli und Kiel beweist, dass man auch mit vermeintlich uneingespielten Teams guten, erfolgreichen Fußball spielen kann, wenn die Zusammenstellung stimmig ist.

Autor: xxandl
Bildquelle: Juwe,Stock Photos Pexels und Photoshop

 

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