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Dominanter Klassenunterschied

Der stabilisierte Club hat vor dem Spiel, mehr leise als laut, betont, dass man gewinnen wolle, und mehr laut als leise, dass das gegen die beste Mannschaft der zweiten Liga kein leichtes Unterfangen werden würde. Ein Hauch von Euphorie machte sich dennoch rund um den Valznerweiher breit, vielleicht würde man dem Tabellenführer im Achteck ja dennoch die Stirn bieten können.

Cristian Fiel setzte auf seine erfolgreiche Mannschaft von Magdeburg, für den gesperrten Gyamerah rückte Kapitän Valentini in die Startelf. Ein ähnliches Bild bei St. Pauli, Fabian Hürzeler ersetzte den gesperrten Saliakas durch Ritzka.

Das Spiel begann mit dem erwartbaren Bild. Spielerische Dominanz auf des Gegners Seite, konzentrierte Abwehr und Lauern auf kleine Nadelstiche auf der heimischen. Bis zur 35. Minute stand die Abwehr engmaschig und ließ wenig zu. Jeltsch tut dem Abwehrverbund einfach nur gut. Entlastung und Chancen für den Club gab es kaum bis gar nicht. Die schnellen Ballverluste in Serie der Clubelf konnten die Kiezkicker bis dahin nicht in ernsthaft gefährliche Situationen ummünzen, ein Schlenzer von Hartel über das Tor und ein Kopfball von Wahl, den Andersson souverän vor der Torlinie ebenfalls mit dem Kopf klärte, waren die besten Szenen der Gäste.

Wie schnell das Stadion zu begeistern war, merkte man in der 16. Minute, als Uzun einen Sahnepass für Goller auspackte, der das Leder aber ans Außennetz drosch. Die letzten zehn Minuten nahm der Druck der Paulianer deutlich zu, geduldig schnürten sie den Club ein und legten ihn sich zurecht. Die Hoffnung, man könnte sich mit einem Remis in die Pause retten, zerstörte kurz vor der Halbzeit Eggestein, der Treus Flanke in den Maschen versenkte, Jeltsch konnte ihn beim Kopfball nicht mehr entscheidend stören. Zur Halbzeit eine verdiente Führung, obwohl der Club vieles richtig gemacht hatte. Dennoch: Der Club stand zunehmend zu tief, sieben zugelassene Schüsse im eigenen Strafraum zeugen davon.

Weitere interessante Daten:
Ballbesitz (%): 29 – 71
xG: 0,02 – 0,97
Laufleistung (km): 55,7 – 60,2
Passquote (%): 77 – 90
Erkenntnisgewinn zur Halbzeit: St. Pauli ist nicht Magdeburg.
Frage zur Halbzeit: Wie und wann reagiert Fiel?

Unverändert kamen die Mannschaften aus der Kabine, unverändert auch das Bild auf dem Platz. Ein schöner Moment kurz nach Wiederanpfiff: Valentini kochte Saad im Zweikampf ab, keine Ecke, Valentini feierte sein erfolgreiches Duell und Saad sah gelb, weil er genervt nicht einsehen mochte, dass es keine Ecke gab und meckernd den “stop hate”-Ball gar nicht liebevoll auf den Rasen schleuderte. Kurz darauf die beste und zugegeben auch einzig gefährliche Chance des Spiels für die Nürnberger, aber Castrops Abschluss nach Uzun-Pass leider zu zentral. Wenig später stand Saad völlig blank, doch er setzte den Ball am langen Pfosten vorbei und verpasste die Vorentscheidung.
Cristian Fiel reagierte heute zügig auf das Gesehene – Schleimer ersetzte den emsigen, aber glücklosen Goller, kurz darauf kam Duman für Valentini, die Kapitänsbinde wanderte an Horn weiter.
Das fluide System sah nun eher nach einem 4-4-2 aus, Andersson und Uzun vorne, so der Plan. Ob diese Umstellung etwas hätte bewirken können, man weiß es nicht, denn in der 62. Minute begrub Hartel das letzte Fünkchen Hoffnung auf zumindest einen Punkt. Nach Fehlpass im Spielaufbau ein Zuckerpass von Metcalfe auf Eggestein, der von der rechten Strafraumkante scharf und flach nach innen flankte, Hartel sagte Danke – 0:2.

Und wieder reagierte Fiel rasch, brachte Hungbo und Hayashi für Wekesser und Andersson bereits in der 71. Minute. Pauli zog sich etwas zurück, und der Club konnte sogar eine Mini-Druckphase aufbauen. Die verpuffte aber schnell, zu wenig Bewegung, zu viel Einzelaktionen und am Ende immer souverän von Pauli weg verteidigt, ehe es gefährlich hätte werden können.

Gegen Ende demonstrierten die Hanseaten nochmal eindrücklich, was sie spielerisch drauf haben, es mutete an wie Katz und Maus, nur zubeißen wollten sie dann doch nicht mehr.

Daten 2. Halbzeit:
Wieder 7 Pauli-Schüsse im Strafraum
Ballbesitz: 38 –62
xG: 0,12 – 0,83
Laufleistung: 56,6 – 61,2
Passquote: 77 – 87

Fazit:
Der gewählte Matchplan war richtig. Die ausgewählten Spieldaten belegen aber, dass er nicht konsequent genug umgesetzt wurde, vielleicht auch, weil Pauli einfach bärenstark jeglichen Hauch von Gefahr im Keim erstickte.

St. Pauli drängte die Clubberer zunehmend ins letzte Drittel, legte sich den Club geduldig zurecht, dominierte mit einer beeindruckenden Ballsicherheit und Passquote. Der Club kam kaum zum Luftholen, die möglichen Entlastungschancen vergab er entweder kläglich unpräzise oder wurden mit hervorragendem Gegenpressing unterbunden. Am beeindruckendsten an St. Pauli ist zum einen die traumwandlerische Passsicherheit, gepaart mit einer Laufintensität, mit der Pauli im Spielaufbau ständig neue Situationen kreiert.
Zum anderen ist es unfassbar gut, wie erfolgreich die Hürzeler-Truppe im Rückwärtsgang ihr Gegenpressing zelebriert. Beides zusammen zermürbt den Gegner, heute den Club.
Der Club hat es vielleicht versäumt, etwas mutiger aus seinem statischen Abwehrbollwerk umzuschalten, da wäre mit etwas mehr Laufbereitschaft und Präzision spielerisch mehr möglich gewesen.
Dennoch – am Ende kann man festhalten: Der Club ist nicht eingebrochen wie im Hinspiel, aber er war chancenlos. Chancenlos gegen eine Elf, die einen Fußball spielt, der Erstliga-Format hat. Der Club ist damit geerdet, für die ersten drei Plätze fehlt ihm die Qualität. Aber für eine sorgenfreie Saison sollte es allemal reichen. Und für fränkische Depression besteht heute kein Anlass. Die hörbaren Pfiffe am Ende waren unnötig. Der Club hat fast alles gegeben, was möglich war, der limitierende Faktor war heute ein erstklassiger Gegner, der sich nur selbst schlagen kann. Alles Gute in Liga 1!

Autor: Teo
Bildquelle: Pexels

  

10 thoughts on “Dominanter Klassenunterschied

  • Der Club ist die Mannschaft des Mittelfelds. Zu gut für den Abstieg, zu schlecht für den Aufstieg. Es gibt viele Clubfans, die damit zufrieden sind. Mehr ist halt nicht drin, Punkt aus. Und in Kürze ist dann auch alles entschieden, auch theoretisch. Dann kommen die langweiligen Spiele, wo es um nichts mehr geht, wie Freundschaftsspiele eben. Die Zuschauerränge werden nur noch bedingt gefüllt sein. Und dann gibt es noch die Clubfans, die einfach mehr erwarten von dieser Mannschaft und vorallem von der Vereinsführung. Wieviele Jahre gurkt man jetzt in der 2. Liga rum? Andere Mannschaften wie Kiel, St. Pauli, Magdeburg, auch Fürth haben in kürzester Zeit eine schlagkräftige Mannschaft beisammen. Warum klappt das bei uns nicht? Wir haben ein teueres Management, da muss doch ein anderer Anspruch da sein. Was ist eigentlich das Ziel für nächstes Jahr? Ein sicherer Mittelfeldplatz? Und jetzt bitte nicht die Antwort, wir müssen im nächsten Jahr ja einen Neuaufbau starten, da muss man mit dem Mittelfeldplatz zufrieden sein. Ein Neuaufbau findet beim Club immer statt, jedes Jahr und immer wieder. Warum schafft es dann St.Pauli oder Kiel und der Club nicht? Warum stehn wir eigentlich hinter Fürth?

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    • 1) der Abstandnach unten ist geringer geworden. Als gebrannter Fan ist für mich der Klassenerhalt erst sicher, wenn er rechnerisch fix ist 😉

      2) den Aufstieg erwarte ich nicht, die 2. Liga ist zu ausgeglichen um dieses Ziel als Fixum zu erwarten. Um den Aufstieg mitspielen, das erhoffe ich mir allerdings schon. Insbesondere aber, das der Club endlich wieder für guten Fußball steht. Wieso uns so viele Vereine in den letzten Jahren abgehängt (Augsburg) oder überholt haben (Kiel, FÜ, Heidenheim…), das frage ich mich auch ständig. Simple Antwort: weil dort besser gearbeitet wurde. Mit mehr Kontinuität. Diese Kontinuität setzt beim Club langsam ein. Daher erwarte ich für nächste Saison eine spielerische Stabilisierung, bei der 1 Auge auf Platz 3 schielt. Auf die Präsentation der Ausrichtung und Ziele des Clubs durch DH bin ich ehrlich gespannt.

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      • Hecking ist heute bei Othmer ab 22.05 Uhr im Blickpunkt.
        Kritische Fragen erwarte ich da allerdings keine.

  • Zustimmung Teo! Pauli ist derzeit schlicht zu stark, zu dominant. Ähnlich wie Leverkusen, Stuttgart oder die Bayern eine Etage höher. Auch gegen die geben die jeweiligen Gegner alles, nützt nur im Regelfall nix. Wobei man gestern rein optisch schon den Eindruck haben konnte, dass unsere Jungs gehemmt waren und daher nicht die innere Intensität auf den Platz brachten. Nicht zum ersten Mal in den letzten Jahren, dass eine große Heimkulisse oder der Gedanke an einen eventuellen Aufstiegsplatz unser Team nicht beflügelt.

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  • Als Bornemann damals im Dezember 2022 den beliebten Schultz entlassen hat, stand unser Ex-Vorstand massiv in der Kritik. Es gab unter anderem eine Petition „Schulle muss bleiben“. Das „Umfeld“ gab Bornemann die Schuld für eine miese Halbserie. Der Vorwurf: Bornemann habe beim Kader versagt.

    „Im Dunklen bleibt, warum Göttlich Bornemann mehr vertraut und ihm mehr zutraut als Schultz. Klar ist, dass nun der Druck auf Bornemann zunimmt, gleichgültig ob der neue Trainer Florian Kohfeldt (teuer!), Thomas Stamm (schrieb das Abendblatt), Horst Steffen oder Michael Wimmer heißt.“ (taz im Dezember 2022).

    Der neue Trainer aber wurde Fabian Marc Hürzeler. Und dieser Move von Andreas Bornemann erwies sich als goldrichtig. Hürzeler machte aus einem angeblich so mies zusammengestellten Kader einen Aufstiegskandidaten. Ein bis dahin eher unscheinbarer Marcel Hartel zum Beispiel wurde zur tragenden Säule. In einer Mannschaft, deren Spielstil zu großen Teilen auf der Laufbereitschaft der Spieler basiert.

    Hürzelers Mentor ist sein Ex-Trainer Mehmet Scholl. Und der hat mal gesagt, dass „Fabi lange im Geschäft bleiben wird.“ (Quelle: fupa). Hürzeler ist wohl die heißeste Trainer-Aktie hierzulande. Und ich tippe darauf, dass Hürzeler in ein paar Jahren auch international eine heiße Trainer-Aktie sein wird. The next Nagelsmann.

    Wenn die Spieler auf das Funktionieren eines Systems vertrauen und daran glauben, dann sieht das so aus wie gestern beim FCSP. Hinzu kommt, dass Hürzeler, was man so liest, ein Top-Motivator sein soll. Da hat Bornemann, der einst einen Alois Schwartz als Weisheit letzter Schluss sah, einen Volltreffer gelandet.

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  • Die Kollegen vom Blog „MillernTon“ sind übrigens ziemlich enthusiasmiert und schreiben u. a. Folgendes:

    „Bei noch acht ausstehenden Spielen ist das zwar noch nicht die Entscheidung. Aber dieser Vorsprung ist schon ein echtes Pfund. Die Art und Weise, wie der FC St. Pauli das Spiel in Nürnberg gewonnen hat, ist es noch viel mehr. Die kann man als ’souverän‘, ‚reif‘ oder ‚einfach spitze‘ bezeichnen. Oder man beschreibt sie mit einem noch passenderen Wort: Bundesligareif.“

    https://millernton.de/2024/03/17/1-fc-nuernberg-vs-fc-st-pauli-02-einfach-spitze/

    Unser Problem lag eher im Spiel mit Ball. Angefangen beim Spielaufbau und dem frühen Stören der Paulianer. Blitzschnell war Sankt Pauli zudem im Mittelfeld mit mehreren Spielern nach eigenem Ballverlust im Gegenpressing da. Und wenn wir mal etwas Luft hatten, dann haben wir den Ball in vorauseilender Hektik verdummt.

    Wie Sankt Pauli die Abgänge von Burgstaller, Kyareh, Daschner und Paqarada auffangen konnte? Die Antwort lautet Hürzeler.

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    • Wir haben keinen Hürzeler, wir haben einen Fiel. Und ich behaupte jetzt einfach mal, mit Hürzeler statt Fiel stünden wir besser da.
      Haben wir ein Trainerproblem?

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      • Nein. Dann hätten 17 Vereine in der Liga ein Trainerproblem.

        Ich glaube, dass Hürzeler ein großes Trainertalent ist. Das ist ein positiv Besessener. Und es würde mich wundern, wenn sein Name nicht gespielt wird, falls Alonso in Leverkusen aufhört.

    • Pauli hat aber auch durchaus in Spieler-Qualität investiert. Da knirschte es intern sogar im Totenkopf, weil Bornemann lieber auf Talente setzen wollte und von der Vereinsführung erst mit sanftem Druck überzeugt werden musste. Aber Borni hat aus seinen Fehlern beim Club gelernt, den Sturheitsmodus abgeschalten und einen wirklich rundum starken Kader gebastelt.

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  • Huston , wir haben ein Konditionsproblem

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