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Guter Auftritt im Olympiastadion

In einigen Stimmen nach dem Spiel auf Seiten des 1. FCN war von Enttäuschung der Spieler zu hören, dass man wohl eher zwei Punkte verschenkt hat als einen gewonnen. Aus Spielersicht kurz nach dem Spiel noch voll mit Adrenalin bis in die Haarspitzen verständlich nach einer 3:1 Führung und man hätte sogar 4:1 oder 5:1 führen können im Berliner Olympiastadion nachdem Can Uzun mit Doppelpack auch noch sein drittes Tor hätte erzielen können bei einer weiteren Riesenchance, die der Berliner Keeper Gersbeck mit den Fingerspitzen noch verhindern konnte.

Dem Eindruck will ich aber aus Fansicht widersprechen. Ich kann den Frust der Spieler über zwei verlorene Punkte zwar verstehen aber nicht teilen und empfand den Auftritt von außen wesentlich positiver. Wir haben am Osterwochenende seit einigen Spieltagen endlich wieder eine beherzte, mutige Club Mannschaft erlebt, bei der man sich von Beginn an 30 Minuten lang die Augen rieb als nur eine Mannschaft das Spielgeschehen dominierte und zwar der Club mit erfrischendem Spiel nach vorne und gelungenen Kombinationen und das auch noch auswärts im Berliner Olympiastadion einem Ort durch die DFB Pokalfinale, der den Duft von Fußballhistorie verbreitet.

Trainer Fiél in meinen Augen in dem ein oder anderen Medium zu Unrecht als „One Trick“ Pony bezeichnet, dem die taktische Flexibilität fehlen würde hat relativ unerwartet die Mannschaft vor allem in der Offensive umgestellt und Spiel freudigere Offensivspieler in der Startelf aufgeboten als zuletzt in den blutleeren Auftritten in Magdeburg und zu Hause gegen St. Pauli als man das Spielgerät überwiegend dem Gegner überlassen hat. Fiél versprach auch in der PK vor dem Spiel, in Berlin werde man mehr Ballbesitz haben. Gewagte Aussage, dachte ich mir, aber er hatte damit Recht. Andersson als Wandspieler blieb zum ersten mal mal komplett auf der Bank und Schleimer stand in der Startelf, von dem die eigenen Fans nicht wissen, ist er jetzt offensiver Mittelfeldspieler oder ist er ein Stürmer, aber er ist beweglich und schwierig zu stellen, der seine Räume gut genutzt hat, was auch mit dem 2:0 belohnt wurde, dazu der quirlige Okunuki auf der Außenbahn für den sonst soliden Wekesser.

Berlin trotz zweier 6er bekam in der ersten Hälfte so gut wie keinen Zugriff auf das Spiel vor allem durch die Mitte kombinierte sich der Club ein ums andere mal in das letzte Hertha Drittel. Das Zentrum des Spielfelds beherrscht in der 1. Hälfte der Club. Die Tore für den 1. FCN fielen fast logisch, so daß es bis kurz vor Ende der 1. Hälfte 2:0 stand. Aber der Club musste noch die bittere Pille des Berliner 1:2 Anschlusstreffers kurz vor der Halbzeitpause schlucken. Der Berliner Trainer Pal Dardai nahm in der Halbzeitpause die erwarteten Umstellungen bei seiner Mannschaft auf der 6er Position vor, die auch Wirkung auf die Balance des Spiels zeigten.

Aber zuerst kam ein Auftritt des 18 jährigen Can Uzun, mit dem so exponiert wohl keiner gerechnet hat. Wie er mit dem Ball ganz eng am Fuß sich zwischen 5 Berliner Abwehrspieler dribbelte und mit nur einer Körpertäuschung, dem sogenannten „Abkappen“ alle fünf Gegenspieler ins Leere laufen ließ und trocken ins kurze Eck einschob, ich kann jetzt nur für mich sprechen, das durfte ich so noch nie sehen. Dieses Tor war ein Genuss und ein weiterer Beleg, warum Can Uzun aktuell der teuerste Spieler der 2. Liga ist. Mit diesem Kunststück stellte Can Uzun überraschend auf 1:3 für den Club. Der Moment als man wirklich begann an 3 Punkte in Berlin zu glauben.

Aber wie schon erwähnt Herthas Umstellungen zur Pause zeigten ebenso Wirkung, das Zentrum war nun geschlossener und die Hertha kam ihrerseits mit solidem 2. Liga Handwerk zu ihren Chancen und leider auch zu ihren Toren. Eine Flanke von Mentalitätsmonster Reese, der immer wieder das Berliner Publikum wild mit den Armen fuchtelnd zum anfeuern aufrief, verwandelte das Kopfballmonster Tabakovic trocken zum 2:3 Anschluss als er sich auch physisch bedingt gegen Finn Jeltsch im Kopfballduell durchsetzte.

Eine Phase, in der man den Willen der Berliner spürte das Spiel unbedingt noch drehen zu wollen, um noch ein Quäntchen Aufstiegsträume am Leben zu erhalten. Der Ausgleich gelang auch noch durch einen Elfmeter ebenso von Tabakovic verwandelt nachdem Nathaniel Brown den Bruchtteil einer Sekunde zu spät kam und den Fuß seines Gegenspielers statt den Ball traf im eigenen Strafraum. Bei dem Spielstand von 3:3 blieb es dann auch.

Wie schon erwähnt sehe ich das Ergebnis nicht als Punktverlust sondern mehr als gerechte Punkteteilung in einem begeisterndem Zweitligapiel am Samstag Abend, in dem es gute 80 Minuten intensiv hin und her ging mit hohem Tempo in beide Richtungen und der Club viele Akzente setzen konnte.

Spielerisch ein deutlicher Fortschritt, der Hoffnung macht gegen die kommenden starken Mannschaften ebenso Paroli bieten zu können im Restprogramm der Saison. Natürlich kann ich verstehen, wenn man auswärts 1:3 führt, dass man die Punkte gerne mitgenommen hätte. Für mich überwiegt dennoch der Gesamtauftritt als sehr positiv dazu das Highlight von Can Uzun, bei dem man anfängt an Lionel Messi zu denken, wenn man vergleichbares sucht.

Die Highlights reißen auch nicht ab, mit Holstein Kiel kommt nächste Woche der aktuelle Tabellenzweite ins Max Morlock Stadion, ein Gegner bei dem man zur Hinrunde einen überraschenden Auswärtserfolg landen konnte. Man soll zwar einen 18 jährigen Spieler nicht überfordern, auf den so vieles einströmt zur Zeit, aber man würde gegen Holstein Kiel schon gerne wieder so ein Kunststück von ihm sehen. Uzun Tore machen süchtig.

Autor: Juwe
Bildquelle: Livestream

   

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