Mit Rückenwind ins “El Kackiko”
Wenn am Freitagabend Hannover 96 und der 1. FC Nürnberg aufeinandertreffen, wissen im Grunde beide Fanlager schon im Vorfeld, dass das nur schiefgehen kann. Zu viele Auf- und Abstiege, zu viele Spiele, in denen man den vermeintlich schwächelnden Gegner wieder aufbaut, zu viele Spiele, in denen man sich vom Schiedsrichter benachteiligt fühlt. Beide Vereine teilten sich in der Vergangenheit nicht nur Dieter Hecking, Stefan Leitl, Cedric Teuchert, Jannes Horn und Florian Hübner, sondern auch das Schicksal eines Vereins, der sich zu Höherem berufen fühlt und doch immer wieder strauchelt.
Die von den Fans beider Mannschaften liebevoll als “El Kackiko” bezeichnete Partie – ein Name der an legendär schlechte Spiele zwischen den Beiden erinnert – wird dennoch wieder 25.000 Zuschauer ins Stadion bewegen, davon rund 1.300 aus Nürnberg, die sich trotz Bahnstreiks auf den Weg machen werden. Der Club selbst sitzt bereits im Bus Richtung Norden, um dem Chaos zu entgehen.
Auf den Club wartet ein Gegner, der seit sechs Spielen sieglos ist, zugleich aber auch seit sechs Heimspielen nicht mehr verloren hat. Allerdings sitzt mit Ex-Clubberer Stefan Leitl jemand auf der Bank, der als Trainer noch nie gegen den Club verloren hat. In bisher neun Spielen mit Ingolstadt, Fürth und 96 holte er vier Siege und fünf Remis gegen seinen alten Arbeitgeber.
Das letzte Heimspiel gegen Nürnberg konnte Hannover 96 in der letzten Saison mit 3:0 für sich entscheiden, in der Hinrunde “gewann” der Club das “Elfmeterschießen” gegen Hannover gefühlt mit 2:2, denn wirklich verdient war dieser Punkt angesichts des Spielverlaufs nicht. Hannover war durch zwei Elfmeter von Cedric Teuchert in Führung gegangen, während Can Uzun in der Nachspielzeit ebenfalls per Elfmeter einen Punkt rettete. Dabei waren beide Mannschaften unglücklich über die jeweiligen Entscheidungen des Schiedsrichters, der zudem das Foul von Ron-Robert Zieler gegen Daichi Hayashi, und damit den wohl klarsten Elfer des Spiels, übersehen hatte.
Ausblick
Stefan Leitl erwartet sich ein ausgeglichenes Spiel zweier Mannschaften, die eine ähnliche Spielanlage aufweisen und lobt in der Pressekonferenz den Umbruch, der dem Club heuer gelungen ist. Ähnlich wertschätzend spricht auch Cristian Fiél über den kommenden Gegner, der in Hannover 96 eine Mannschaft sieht, die einem auf mehrere Arten weh tun kann. Einerseits beherrschen sie den ruhigen Aufbau von hinten heraus, andererseits versuchen sie auch immer wieder mit hohen Chipbällen auf ihre schnellen Angreifer hinter die gegnerischen Linien zu kommen.
Hannover 96 kann dabei wieder auf die Dienste von Cedric Teuchert zurückgreifen, der am Ende der Hinrunde mit einer Oberschenkelverletzung ausgefallen war und im Trainingslager aufgrund einer weiteren kleinen Verletzung und einer Erkrankung nicht richtig eingreifen konnte. Beim 2:2 gegen Elversberg am letzten Wochenende konnte er erstmals wieder 25 Minuten mitwirken, gegen den Club könnte er wieder in die Startelf rücken. Für 90 Minuten werden die Kräfte aber voraussichtlich noch nicht reichen. Vom Tisch ist hingegen sein sofortiger Wechsel zum St. Lewis City SC in die MLS, dieser könnte nun im Sommer ablösefrei stattfinden.
Louis Schaub wird wieder im Kader der Hannoveraner stehen, für die Startelf ist er aber trotz absolvierter Trainingswoche wohl noch kein Kandidat. Andreas Voglsammer war die letzten Tage mit grippalen Infekt ausgefallen, könnte am Freitag aber dennoch wieder im Kader stehen. Einzig Mittelfeldspieler Christopher Scott fällt mit Sicherheit aus.
Auf Nürnberger Seite fällt neben dem Langzeitverletzten James Lawrence auch Christopher Schindler aus, der sich diese Woche leider einen Mittelfußbruch zugezogen hat. Daichi Hayashi muss mit neuerlichen Achillessehnenproblemen ebenso pausieren wie Felix Lohkemper und Joseph Hungbo, der nach langer Verletzungspause noch Trainingsrückstand hat.
Verzichten muss der Club künftig auch auf die Dienste von Tim Handwerker, der sich per Leihe bis Saisonende dem FC Utrecht anschließt. Die Niederländer verfügen allerdings über eine Kaufoption, so dass ein dauerhafter Abgang nicht auszuschließen ist.
Dafür konnten Jens Castrop, nach leichter Knöchelverletzung im Training, und Jan Gyamerah wieder mittrainieren und sollten für die Startelf bereit sein. Fraglich ist damit lediglich, wer im Tor des 1. FC Nürnberg stehen wird – auf Nachfrage wollte Trainer Cristian Fiél hier keine eindeutige Antwort geben. Nachdem Carl Klaus beim Rückrundenauftakt gegen Rostock fehlerfrei geblieben war, rechnen die Journalist:innen in und um Nürnberg aber eher mit ihm in der Startelf.
Voraussichtliche Aufstellungen:
Hannover 96:
Zieler – Muroya, Neumann, Halstenberg, Köhn – Kunze – Leopold, Oudenne – Ernst – Tresoldi, Teuchert
1.FC Nürnberg:
Klaus – Gyamerah, Marquez, Horn, Brown – Flick – Castrop, Uzun – Goller, Andersson, Okunuki
Tipp:
Nachdem Hannover und Nürnberg in den letzten Jahren immer das Muster hatten, dass auf den Sieg der einen Mannschaft ein Unentschieden und ein Sieg der anderen Mannschaft folgte, hoffe ich auf die Fortsetzung dieser Serie und einen knappen Sieg für den Club.
Entscheidend wird dabei sein, ob Jens Castrop tatsächlich fit genug für einen Startelfeinsatz ist, denn ohne ihn konnten wir heuer noch in keinem Zweitligaspiel punkten.
Anmerkung:
Der Spieltag steht unter dem Zeichen “!Nie wieder – Der Erinnerungstag im Deutschen Fußball”, mit dem seit 2004 jedes Jahr an die Befreiung des Konzentrationslager Auschwitz am 27. Jänner 1945 erinnert wird. Hannover 96 wird im Stadion auch einen Spot zeigen, der extra dafür gedreht wurde.
Autor: xxandl
Bildquelle: Knirpzz, Freies Pressearchiv, PS